Was für ein Roman! In „153 Formen des Nichtseins“ findet sich ein ganzes Universum an Textsorten. Denn wenn die Ich-Erzählerin Ksenia in Russland geboren wird, aber in Deutschland aufwächst unter Zeugen Jehovas, obwohl die Familie jüdische Wurzeln hat, dann lässt sich diese Geschichte des mehrfachen Außenseitertums nicht stringent erzählen. Slata Roschal hat sich für ein flirrendes Kaleidoskop aus 153 Kurz- und Kürzest-Kapiteln entschieden. Da findet sich wirklich alles, was ein Leben ausmacht. Nicht nur Beschreibungen von Kindheit und Jugend, Studium und Ehe, Arbeit und Mutterdasein, sondern auch Traumprotokolle und Listen, Einkaufszettel und Internetlinks, Psalmen und eBay-Kleinanzeigen, Konferenzberichte und Fragebögen, Verträge und sogar Platz für eigene Notizen. Dieser geniale Textverhau, der aus disparaten Fragmenten einen veritablen Roman formt, landete sofort nach Erscheinen auf der SWR-Bestenliste. Es ist das Roman-Debüt der 1992 in Sankt Petersburg geborenen Slata Roschal, die als Vierjährige mit ihrer Familie nach Deutschland kam und zweisprachig in Schwerin aufwuchs. Nach dem Abitur studierte sie Slawistik, Germanistik und Komparatistik an der Universität Greifswald und promovierte an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. (D. K.)
Auszeichnungen u. a.: Literaturpreis Mecklenburg-Vorpommern (2018), Arbeitsstipendium des Freistaates Bayern (2020), Adalbert-Stifter-Stipendium (2021), Aufenthaltsstipendium am Literarischen Colloquium Berlin (2022).
Veröffentlichungen (Auswahl):
– „Wir verzichten auf das gelobte Land“, Gedichte, Reinecke & Voß, Leipzig 2019
– „Wir tauschen Ansichten und Ängste wie weiche warme Tiere aus“, hochroth, München 2021
– „153 Formen des Nichtseins“, Roman, Homunculus, Erlangen 2022