Gedichte sind kleine, aber überaus verlässliche Wegweiser, die in einer unbekannten Fläche den Kurs markieren. So hat das der Dichter Günter Eich einmal gesagt. Der 1976 in Novara im Piemont geborene Federico Italiano hat sich wie kaum ein anderer Dichter und Essayist des 21. Jahrhunderts mit „kartografischem Schreiben“ beschäftigt und seine eigene Dichtkunst als geopoetische Reise in vertrautes wie neu zu entdeckendes Terrain angelegt. Seit 2003 hat Italiano fünf Gedichtbände publiziert, die auf höchst originelle Weise poetische Wegweiser sind: Sie verbinden intensive Naturbetrachtung – etwa die der heimatlichen Reisfelder Piemonts – mit starken sinnlichen Momentaufnahmen eines großstädtischen Alltags. Nun ist endlich eine repräsentative Auswahl aus Italianos Gedichten in einer zweisprachigen Ausgabe erschienen, kongenial übertragen von Jan Wagner und Raoul Schrott. Unter dem Titel „Sieben Arten von Weiß“ zeigt sie eindrucksvoll Federico Italianos frühe Meisterschaft. Ein herrliches Gedicht wie „Mittelmeer“ erweist sich als eindringliches Lob der Schöpfung. Der Gesang diverser Vögel wird hier als große Bejahung des Daseins zelebriert: „Hast du jemals einen Bülbül in Tunesien gehört?/ Oder die Samtkopf-Grasmücke auf Sardinien?“ Im Gespräch mit seinem Dichterkollegen Jan Wagner stellt Federico Italiano seine poetischen Welterkundungen vor.
Michael Braun
Federico Italiano: Sieben Arten von Weiß. Gedichte. Zweisprachige Ausgabe. Übersetzt aus dem Italienischen von Raoul Schrott und Jan Wagner. Hanser. München, Mrz 2022
Mit Federico Italiano und Jan Wagner
Sonntag, 28.08.2022
20:00
Eintritt: 8,– / erm. 4,– Euro