Als Präsidentin des Internationalen Lyrikfestivals in Basel hat die Zürcher Schriftstellerin Simone Lappert schon einiges geleistet für das Überleben der Gattung Lyrik in der Schweiz. Ihre neuen „gedichte und gespinste“, die sie in dem Band „längst fällige verwilderung“ versammelt hat, arbeiten nun in großer Sorgfalt daran, eine „vollkommen sinnliche Rede“ herzustellen. Es ist eine Poesie des Körpers, die den Artikulationsraum erweitert, um das Sprechen herauszuführen aus dem „wald unter der zunge“. Lapperts Gedichte sind kompakte „Selbstporträts“, lyrische Protokolle von den „Häutungen“ des Subjekts, Verse über Aufbrüche und Abschiede, die von der Autorin in einer charmanten Spoken Poetry-Performance zelebriert werden. 1985 in Aarau in der Schweiz geboren, studierte Simone Lappert am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel und gilt seit ihrem Debütroman „Wurfschatten“ (2014) als vielversprechendste Jungautorin der Schweiz. Ihr aufwühlender Roman „Der Sprung“ (2019) erzählt von einer existenziellen Zerreißprobe. Die lebenszugewandte Naturenthusiastin Manu steht hier plötzlich auf dem Dach eines Mietshauses – und sofort strömen Schaulustige herbei und berauschen sich an der bevorstehenden Tragödie.
Von solchen Grenzerfahrungen sprechen auch die beiläufig eingestreuten Einzeiler in Simone Lapperts neuem Gedichtband, die einen Satz der Schweizer Sängerin Sophie Hunger variieren. „Entschuldigung“, so heißt es in einer ersten Intervention, „wo kann ich hier unbemerkt scheitern?“ Beim Poetenfest wird Simone Lappert von der vielseitigen Zürcher E-Bassistin Martina Berther begleitet, die mit den Motiven der Gedichte in einen improvisierten Klangdialog tritt. (M. B.)
Auszeichnungen u. a.: Heinz-Weder-Preis für Lyrik (2013), Newcomerpreis Literaturpreis Wartholz (2014), Aufenthaltsstipendium Ledig House, New York (2016), Aufenthaltsstipendium Landis & Gyr, London, Writer in Residence Literaturhaus Niederösterreich, Krems (2019).
Veröffentlichungen (Auswahl):
– „Wurfschatten“, Roman, Metrolit, Berlin 2014
– „Der Sprung“, Roman, Diogenes, Zürich 2019
– „längst fällige verwilderung. gedichte und gespinste“, Diogenes, Zürich 2022
– „Blendende Aussichten“, Diogenes, Zürich, September 2022